Sozialgericht hält Kürzung von Hartz IV für verfassungswidrig 28.05.2015
Sozialgericht hält Kürzung von Hartz IV für verfassungswidrig
Eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II bei Pflichtverstößen des
Empfängers ist nach Ansicht des Sozialgerichts Gotha verfassungswidrig -
weil sie die Menschenwürde des Betroffenen antasten sowie Leib und
Leben gefährden kann. Die 15. Kammer des Gerichts sei der Auffassung,
dass die im Sozialgesetzbuch (SGB) II festgeschriebenen
Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter gegen mehrere Artikel des
Grundgesetzes verstoßen, teilte das Gericht in Gotha am Mittwoch mit.
Deshalb wolle es diese Sanktionen nun vom Bundesverfassungsgericht
prüfen lassen.
Dessen 15. Kammer stellte in einem am 26. Mai verkündeten Beschluss fest, dass diese Leistungskürzungen ihrer Ansicht nach gegen das Grundgesetz verstoßen. So bezweifeln die Richter, dass die Sanktionen mit der im Artikel 1 festgeschriebenen Unantastbarkeit der Menschenwürde und der im Artikel 20 festgeschriebenen Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik vereinbar sind. Denn aus diesen Artikeln ergebe sich ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das bei einer Kürzung oder kompletten Streichung des Arbeitslosengeldes II gefährdet sei, so das Gericht. Außerdem stünden die Sanktionen im Widerspruch zu den Artikeln 2 und 12 des Grundgesetzes, weil sie die Gesundheit oder gar das Leben des Betroffenen gefährden könnten. Die genannten Grundgesetz-Artikel garantierten jedoch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Mit seiner Entscheidung beschreitet das Sozialgericht Gotha nach
eigenen Angaben Neuland. Es sei das bundesweit erste Gericht, das die
Frage aufwerfe, ob die Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter mit dem
Grundgesetz vereinbar sind.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen